Über Monate wurde auf engstem Raum gesprengt, abgerissen und gebaut, um einen neuen, unterirdischen Felsenweg zu realisieren. Auf diesem Weg formen sich subtile Lichtspiele zu Bildern der vergangenen Landschaften mit deren Flora und Fauna. Die Gäste werden zu einem Rundgang eingeladen und folgen der Erdgeschichte der letzten 20 Millionen Jahre. Mittels Animationen, die auf die Gesteinsschichten projiziert werden, wird über die Entstehung des Felsens am Grunde des Urmeeres, den subtropische Sandstrand, die Bildung der Alpen, die letzte Eiszeit und die Ankunft des Menschen im Holozän erzählt. Lichtpartikel wirbeln wie Sand über die Gesteinsflächen und gruppieren sich zu Pflanzen, Tieren und Menschen. Die Besuchenden begegnen neugierigen oder auch ängstlichen Tieren, erleben die Alpenbildung und die karge Blumen- und Tierwelt der Eiszeit und stehen sich am Ende selbst gegenüber.
Tweaklab hat alle Animationen der Tiere und Pflanzen kreiert und das Verhalten der Partikel programmiert. Dazu gehört auch die interaktive Partikelprojektion zum Thema des Erscheinens des Menschen: Die Bewegungen der Besuchenden werden in Partikel übertragen und gleichzeitig als bewegtes Schattenbild auf den Felsen projiziert. Die Soundkulisse der einzelnen Felskammern wurde von Tweaklab komponiert und vor Ort abgemischt. Am Ende des Felsenwegs befindet sich ein Bergsee. Er wurde aus dem Felsen gehauen und beim Nähertreten verwandelt er sich in einen reissenden Strudel. Dieser Wirbel symbolisiert den Mittelpunkt der Zeit und ist der tiefste Punkt auf dem Felsenweg.
Folgen die Besuchenden dem Treppenaufgang, treffen sie auf das Kosmophon, das durch blaues, pulsierendes Licht auf sich aufmerksam macht. Die Menschheit ist im Anthropozän angekommen. Was von unserer Gattung am längsten bleiben wird, sind Worte und Klänge, die als Wellen ins All gleiten. Darum werden die Gäste an dieser Stelle aufgefordert: «Hinterlassen auch Sie eine bleibende Spur im Universum. Sprechen oder singen Sie Ihre ganz persönliche Botschaft in unser Kosmophon. Wir schicken sie ins All hinaus.»
Tweaklab wurde hier mit der technischen Umsetzung beauftragt, weiter mit der Programmierung eines generativen Soundsystem, welches die gesprochenen Worte aufzeichnet und sie verfremdet wieder abspielt. Die Besuchenden hören ihre Nachrichten im Treppenaufgang und können verfolgen, wie ihre Nachrichten im All entschwinden.
In der Aussenwelt angekommen, führt der Weg weiter zu der ganz besonderen Stelle «Sommerau». Sie bietet einen unvergesslichen Blick auf die Stadt Luzern und den Pilatus. Ergänzt wird dieser Aussichtspunkt durch eine stereoskopische Zeitmaschine, «Alpenblick» genannt. Neueste Vermessungs-, geologische und klimatologische Forschungsdaten lassen die Entstehung, Modellierung und die Zukunft der Zentralschweiz hautnah durch das Zeit-Fernrohr erleben. Kurbelt man mit dem Rad nach rechts geht es in die Zukunft und der Pilatus erodiert, kurbelt man nach links befindet man sich am Palmenstrand oder im Urmeer und kurbelnd geht es zurück in die Gegenwart.
Tweaklab wurde mit der gesamten medientechnischen Planung, Umsetzung und Installation beauftragt, dazu gehören: die Programmierung eines Echtzeit-Partikelsystem mit Systemintegration in eine Game Engine und die Programmierung der Steuerung für Ton und Licht. Storyboard und Detailkonzept für die Inszenierung im Raum. Umsetzung der Animationen mit Programmierung und Integration in eine prozedurale Timeline. Gestaltung der Parameter für Partikel und Timing von Licht und Ton, weiter das Sounddesign der Felskammern, sowie die Programmierung des generativen Soundsystems des Kosmophons und die medientechnische Planung und Installation des stereoskopische Zeit-Fernrohrs.
Auftraggeber: Stiftung Gletschergarten Luzern
Architektur: Miller & Maranta Architekten, Basel
Szenografie: Velvet Creative Office, Luzern
Wiedereröffnung: 16.07.2021